Von Christamaria Ruch (MAZ-Online)

1919 gründeten sich allerorten Fußballvereine. Diese Welle erreichte auch Wittstock. Der FK Hansa Wittstock wird nun 100 Jahre alt, hat 500 Mitglieder und ist breit aufgestellt. Nicht nur Fußball ist im Verein angesagt.

Das Gründungsjahr ist bekannt, doch wer den Verein Fußballklub (FK) Hansa Wittstock 1919 aus der Taufe gehoben hat, bleibt im Nebel der Geschichte versteckt. Am Samstag, 1. Juni, feiern die Sportler und ihre Gäste ab 18 Uhr im Stadion des Friedens den 100. Geburtstag ihres Vereins.
Hans-Jürgen Goldberg ist seit zehn Jahren Ehrenpräsident bei FK Hansa Wittstock und hält die Festrede. Eine Ausstellung mit 50 historischen Fotos ist vorbereitet. Besonders stolz ist der 74-Jährige auf das älteste Foto aus der Vereinsgeschichte. Die Aufnahme stammt vom 5. September 1920 und zeigt eine Fußballmannschaft in gestreifter Kleidung.

Nach dem Ersten Weltkrieg gründeten sich viele Vereine

„Das Gründungsjahr 1919 war eine bewegte Zeit“, so Hans-Jürgen Goldberg. Damals war der Erste Weltkrieg gerade beendet und Fußball wurde salonfähig. „Es gab zu dieser Zeit eine große Welle von Vereinsgründungen in Deutschland, eine Welle, die auch Wittstock erreichte“, sagt er.
Hansa Wittstock war nicht allein Fußballklub, es wurden auch viele sportliche Wettkämpfe ausgetragen. Zum 20-jährigen Bestehen im Jahr 1939 stand ein Sportfest in den Disziplinen 100-Meter-Lauf, Weitsprung, Hochsprung, Fußballweitwurf und mehr auf dem Programm. Dennoch war und ist der Fußball Dreh- und Angelpunkt im Verein. Wittstock entwickelte sich laut Hans-Jürgen Goldberg zu einer Fußballhochburg in der nördlichen Provinz Brandenburg. Gegner war nachweislich sogar Hertha Berlin. Im Zweiten Weltkrieg lag der Sport am Boden.
Nach dem Krieg gründete sich die Betriebssportgemeinschaft Lok Wittstock; die Reichsbahn war Trägerbetrieb des Vereins. In diesem Zuge entwickelte sich Wittstock erneut zur Fußballhochburg im ehemaligen Bezirk Potsdam. Wolf Schneider gehörte einst zu den erfolgreichen Trainern – sowohl beim Nachwuchs als auch bei den Männern.
„Aus den 1960er Jahren sind die Herren Lau, Pape, Schmidt und Sippel aus dem Vorstand von Lok Wittstock noch geläufig“, sagt Goldberg. Und mit Blick auf die 1970er Jahre zählt er Oskar Baumann, Erich Strothenk und Sanitäter „Schwester Witte“ auf. Die Männermannschaft holte 1966/1967 den Meistertitel in Bezirksklasse Potsdam Staffel A.

Aus Hansa wurde Lok und dann Fortschritt

1972 wurde aus Lok Wittstock schließlich Fortschritt Wittstock und der Obertrikotagenbetrieb Wittstock (OTB) übernahm die Trägerschaft. „Die Sportfreunde Herbert Frey, Lutz Neupert, Sorbert Skulsuki und Henri Wagner engagierten sich in den 1980er Jahren besonders stark“, sagt Jürgen Goldberg. Stellvertretend für viele Spieler in den 1970er bis 1980er Jahren steht Hans-Werner Backhaus.
1993 gründete eine Gruppe um Bernd Warminski den FK Hansa Wittstock neu. Dabei hebt Hans-Jürgen Goldberg zwei Jahrgänge hervor: Zum einen gelang den B-Junioren des Jahrgangs 1998/1999 unter Trainer Michael Babies der Aufstieg in die Regionalliga.
Zum anderen die A-Jugend 2005/2006. Sie gewann im Mai 2006 unter Trainer Jens Trostmann den Landespokal gegen Cottbus. „Als diese Mannschaft in den Männerbereich kam, wurden sie „Die jungen Wilden“ genannt“, erinnert sich Goldberg.

Neugründung als FK Hansa im Jahr 1993

Seit seiner Neugründung 1993 ist FK Hansa Wittstock nicht allein ein Fußballverein. Handball, Kegeln, Gymnastik, Schwimmen, Turnen, Radfahren gehören ebenfalls dazu. „Gut 500 Mitglieder hat der Verein“, sagt Hans-Jürgen Goldberg. Aktuell ist Dirk Schumacher Vereinsvorsitzender.
„Der Verein bot immer allen Wittstockern eine Heimat. Wittstock und Hansa gehören zusammen“, sagt er. Das Fußballgen wird häufig in einer Familie vererbt, deshalb reihten sich nacheinander Väter, Söhne und Enkel beim Verein ein. „Oftmals haben Großväter ihre eigenen Enkel trainiert, wie etwa die Herren Jungbluth, Katzberg, Mantey und Stranghöner“, sagt Hans-Jürgen Goldberg.
Neben Wittstocks Bürgermeister Jörg Gehrmann wird auch Günther Pohle bei der Feier dabei sein. Er war mehr als 50 Jahre als Spieler, Trainer und Jugendausbilder im Verein aktiv und prägte Generationen von Fußballern. Pohle erhielt im Januar die Ehrenmedaille der Stadt Wittstock. „Das war das erste Mal, dass ein ehemaliger Sportler diese Ehrung erhielt“, sagt Jürgen Goldberg.
Auf einen Gast freut sich Jürgen Goldberg bei der 100-Jahr-Feier besonders: Fritz Hesse war 22 Jahre leidenschaftlicher Fußballspieler bei Lok Wittstock. Heute lebt der 89-Jährige in einer Seniorenwohngemeinschaft in Wittstock. Er ist der älteste ehemalige Spieler im Verein.